Qualitätsmanagement im Fokus: Unser Versprechen für Ihre Sicherheit

Prof. Dr. med. Stefan Schönberg
Prof. Dr. med. Stefan Schönberg

Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin

Dr. med. Anja Weidner
Dr. med. Anja Weidner

Leiterin des Geschäftsfeldes Qualitätsmanagement und Datenschutz und medizinische Leitung Teleradiologie

Universitätskliniken stehen als Häuser der Supramaximalversorgung in der Verantwortung, höchste Qualität und Zuverlässigkeit bei gleichzeitig ökonomischer Effizienz gewährleisten zu müssen. Die Implementierung eines standardisierten Qualitätsmanagementsystems mit der konsekutiven Zertifizierung nach der internationalen DIN ISO Norm 9001 stellt einen wichtigen Baustein zur Erreichung dieser hohen Ansprüche dar. Sie bietet einen strukturellen Rahmen zur Prozessoptimierung, Mitarbeiterqualifizierung und Gewährleistung der Sicherheit von Patienten und Mitarbeitern. Die universitäre Radiologie ist geprägt von sich rasant entwickelnden Technologien, straffen Arbeitsabläufen zur Bewältigung hoher Untersuchungszahlen und dem direkten Impact der Befundungsqualität auf Diagnose und Therapie. Herr Prof. Dr. med. Stefan Schönberg, Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Universitätsmedizin Mannheim, im Gespräch mit Frau Dr. med. Anja Weidner, Leiterin des Geschäftsfeldes Qualitätssicherung und Datenschutz, ärztliche Leitung der Teleradiologie und Oberärztin der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin der UMM.

Die DIN ISO 9001-Zertifizierung ist in vielen Branchen ein etablierter Standard. Welche Besonderheiten ergeben sich im klinischen Setting, insbesondere in der Radiologie?

Unsere Gesundheit ist ein besonders hohes Gut und gleichzeitig hochkomplex in der Erhaltung. Daher ist ein Qualitätsmanagement zur Gewährleistung der Prozessstabilität und Patientensicherheit in Kliniken elementar. Die Herausforderung des Qualitätsmanagements nach der DIN ISO 9001 besteht darin, dass sie eine sehr allgemeingültige Norm darstellt. Das heißt, sie gilt nicht nur für den Gesundheitsbereich, sondern beispielsweise auch für Handwerk, Wirtschaft und Gastronomie. Die Auslegung für den Gesundheitssektor ist daher nicht immer ganz einfach, zumal Maßnahmen zur Qualitätssicherung bzw. zum Qualitätsmanagement kein Bestandteil der ärztlichen Ausbildung sind. Die Schwierigkeit besteht nicht in erster Linie in der generellen Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems nach DIN ISO 9001, sondern vielmehr in der Umsetzung unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten und in der Verstetigung und kontinuierlichen Anpassung der erforderlichen Maßnahmen. Gleichzeitig bietet die DIN ISO 9001 jedoch einen umfangreichen Werkzeugkasten zur Erreichung der eigenen Qualitätsziele. In der Radiologie haben wir neben einem hohen Patientenaufkommen und dem breiten inhaltlichen Spektrum die ausgeprägte Technisierung unserer Arbeit, dadurch müssen wir in der Planung unserer Abläufe zusätzlich rechtliche Aspekte unter anderem aus dem Strahlenschutzgesetz und dem Medizinproduktegesetz berücksichtigen.

Welche Elemente der Qualitätssicherung waren auf dem Weg zur ISO-Zertifizierung der Radiologie von besonderer Bedeutung? Welche Tools setzten Sie im Qualitätsmanagement ein?

Der Weg zur Zertifizierung war ein mehrstufiger Prozess, der ein Umdenken in vielen Bereichen erfordert hat. Um ein erfolgreiches Qualitätsmanagementsystem zu implementieren, war die Mitwirkung des gesamten Teams erforderlich. Da Umstrukturierungen initial meist mit einem erhöhten Arbeitsaufwand einhergehen, waren mir besonders ein transparenter Prozess und kontinuierliche Schulungen zur Sensibilisierung der Mitarbeiter wichtig. Die aktive Einbindung von Mitarbeitern im Rahmen von Jour fixes hat die Akzeptanz der Veränderungen erhöht. Die Festlegung von allgemeinen, für die gesamte UMM gültigen Qualitätszielen wird durch eigene Qualitätsziele ergänzt und sorgt dafür, dass alle Mitarbeiter der UMM gemeinsam an der Zielerreichung beteiligt sind. Hierbei sind die Messbarkeit sowie die Kenntnis von IST und SOLL ganz zentral, also von wo kommen wir, wo genau wollen wir hin und wie können wir unseren Erfolg messen. Durch das jährliche Monitoring von Qualitätszielen mit regelmäßiger Zwischenstandsprüfung konnten wir bereits einige klinische Prozesse optimieren. Unter Leitung der Stabsstelle Qualitätsmanagement der UMM wurde außerdem ein Dokumentenlenkungssystem eingeführt. Hierdurch stellen wir sicher, dass die relevanten Dokumente wie Dienstanweisungen und SOPs (Standard Operating Procedures) jedem Mitarbeiter in der aktuellsten Version vorliegen. Außerdem können wir den Mitarbeitern anderer Kliniken und Abteilungen der UMM Einsicht in unsere Dokumente ermöglichen, das erleichtert die Kommunikation deutlich, besonders in stressigen Situationen. Weitere wichtige Tools sind jährliche Managementbewertungen und der PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act) als universell einsetzbares Modell für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess durch immer wiederkehrende Hinterfragung und Anpassung der Prozesse. Durch interne und externe Audits wird diese kontinuierliche Verbesserung unterstützt, der Blick von außen kann neue Impulse geben. Besonders wichtig ist hier auch die enge und sehr gute Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Qualitätsmanagement der UMM.

Welche konkreten Vorteile hat die DIN ISO 9001-Zertifizierung für die Radiologie gebracht? Gibt es messbare Verbesserungen?

Wir sehen Verbesserungen in allen Bereichen, die Effekte eines aktiven Qualitätsmanagementsystems sind enorm. Beispielsweise konnten wir die Strahlenbelastung unserer CT-Untersuchungen durch stetige Analyse und Anpassungen der Untersuchungsprotokolle gemeinsam mit der Stabsstelle für Medizinische Physik und Strahlenschutz senken. Die Befundlaufzeiten, das heißt der Zeitraum zwischen Untersuchung und Abschluss der Befunderstellung durch die oberärztliche Freigabe, wurden verkürzt. Durch strukturierte Einarbeitungskonzepte stehen neuen Mitarbeitern alle notwendigen Informationen direkt zu Arbeitsbeginn zur Verfügung und die Betreuung durch Paten in der Einarbeitungsphase sorgt dafür, dass Geräte und Software korrekt bedient werden. Auch das Feedback von Patienten und Zuweisern ist uns sehr wichtig, wir nehmen Kritik ernst und nutzen sie zur Optimierung unserer Abläufe. Beispielsweise konnten wir durch Einführung von regelmäßigen Evaluationen in unserem ebenfalls ISO-zertifizierten Zentrum für kardiovaskuläre Bildgebung die Zufriedenheit unserer Patienten und Zuweiser erhöhen. Unseren Patienten bieten wir so Transparenz und die Sicherheit, dass wir die bestmögliche Versorgung gewährleisten.

Gibt es weitere wichtige Zertifizierungen in der Radiologie?

In der Radiologie sind wir an der Zertifizierung bzw. Rezertifizierung etlicher Zentren beteiligt, beispielsweise der verschiedenen Tumorzentren im Rahmen von Onkozert wie dem Viszeralonkologischen Zentrum, dem interdisziplinären Brustzentrum, dem Uroonkologischen Zentrum und dem Kinderonkologischen Zentrum. Ein weiterer relevanter Bereich ist das Orthopädisch-Unfallchirurgische Zentrum (OUZ) mit dem Traumazentrum (Notaufnahme, Schockraumzentrum) und dem Endoprothesenzentrum. Eine Besonderheit ist das Zentrum für Kardiovaskuläre Bildgebung. Hier wird in einer einzigartigen interdisziplinären Kooperation der Radiologie und der Kardiologie die Expertise beider Fachdisziplinen genutzt, um in Krankenversorgung, Forschung und Lehre herausragende Qualität bieten zu können. Mit der erfolgreichen ISO-Zertifizierung und bereits mehrfachen Rezertifizierung des Zentrums bestätigen und verstetigen wir diese Errungenschaft. Innerhalb der Radiologie sind etliche weitere Zertifizierungen und Qualifikationen u. a. der DRG (Deutsche Röntgengesellschaft) und der CIRSE (Cardiovascular and Interventional Radiological Society of Europe) vorhanden, beispielsweise in der interventionellen Radiologie (EBIR – European Board of Interventional Radiology), der kardiologischen Bildgebung, der Uroradiologie und der muskuloskelettalen Bildgebung.

Welche Maßnahmen sind gerade in Umsetzung und wo sehen Sie Potenzial für die nächsten Jahre?

Eine wichtige Aufgabe der nächsten Jahre ist die Digitalisierung. Durch die Einführung des Patientenportals POLAVIS haben wir den digitalen Weg im Patientenmanagement eingeschlagen, der nächste Schritt hier ist die Digitalisierung der Patientenaufklärung. So wollen wir die lückenlose Dokumentation vereinfachen. Ein ähnliches Ziel verfolgen wir mit der Digitalisierung der prä- und periinterventionellen Checkliste bei Eingriffen in der interventionellen Radiologie und bei der Digitalisierung der Geräteeinweisungsnachweise nach dem Medizinproduktegesetz. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Mitarbeiterbindung, vor allem in Hinblick auf den derzeitigen Mangel an qualifiziertem Fachpersonal und der aufwendigen Einarbeitungsprozesse. Hierzu gehören Angebote zur Personalentwicklung, Einbindung neuer Berufsgruppen und Entwicklung flexibler Arbeitszeitmodelle. Eine spezielle Entwicklungsperspektive ist die Zusatzweiterbildung im Ärztlichen Qualitätsmanagement nach der ärztlichen Weiterbildungsordnung 2020. Zu Beginn des Jahres haben wir eine neue Kommunikationsplattform geschaffen. Bedingt durch die COVID-19-Pandemie erfolgte ein Hauptteil der Meetings der letzten Jahre digital. Die Einführung dieser Möglichkeit hat uns viele Vorteile gebracht, sie hat uns jedoch auch ein wenig voneinander entfernt. Mit einer berufsgruppenübergreifenden Fortbildung für das gesamte Team der Radiologie und klinikübergreifenden M & M-Konferenzen (Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen) fördern wir die Teambildung und stellen gleichzeitig sicher, dass relevante Informationen alle Mitarbeiter der Radiologie erreichen. So ermöglichen wir die Sicht auf unsere Arbeit nicht als reine Pflichterfüllung, sondern als eine Chance, die eigenen Prozesse zu verbessern und die Qualität der Patientenversorgung zu erhöhen.

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