Mannheimer MRT-Zentrum für Brustkrebsvorsorge (MMZ): Medizinische Exzellenz von Mannheim in die Welt getragen

Prof. Dr. med. Clemens Kaiser
Prof. Dr. med. Clemens Kaiser

Leiter des MMZ

 Prof. Dr. med. Clemens Kaiser, Leiter des MMZ, Oberarzt der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin

Die gesetzliche Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland wird regelhaft mittels Mammografie durchgeführt. Abhängig von der Brustdichteklasse liefern Mammografie-Untersuchungen jedoch Ergebnisse mit eingeschränkter Aussagekraft, was zu einer verzögerten Diagnose in einem späteren Stadium und damit verbundener schlechterer Prognose führen kann. Daher ist insbesondere bei Frauen mit einer hohen Brustdichte eine alternative Diagnostik erforderlich. Eine hervorragende Lösung bietet hier die Magnetresonanztomografie der Brust (Mamma-MRT oder MR-Mammografie), da diese unabhängig von der Dichte des Brustdrüsengewebes Karzinome zuverlässig bereits in einem niedrigen Stadium erkennen beziehungsweise ein Mammakarzinom ausschließen kann. Die Mamma-MRT wird mittels starker Magnetfelder und somit ohne Einsatz ionisierender Strahlung durchgeführt. Dies ist neben der hohen Sensitivität und Spezifität ein weiterer Vorteil im Hinblick auf die regelmäßige Durchführung der Untersuchung im Screening-Setting. Prof. Dr. med. Clemens Kaiser ist diplomierter Betriebswirt und hat nach seinem Medizinstudium zum Thema MR-Mammografie habilitiert. Über die letzten 20 Jahre hat er über 40.000 Patientinnen befundet und in zahlreichen senologischen Fachzeitschriften hochrangig publiziert. Seit 2023 leitet er das MMZ, welches er an der Universitätsmedizin Mannheim etabliert hat.

Können Sie kurz Ihre Erfahrung mit der MR-Mammografie in der klinischen Praxis beschreiben?

Die MR-Mammografie ist derzeit das sicherste und sensitivste Verfahren in der Brustkrebsdiagnostik. Bereits jetzt zeigen Studien, dass die MR-Mammografie auch die Mortalität deutlich reduzieren könnte. Die MR-Mammografie ist derzeit keine Kassenleistung, weiterhin sind in Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend Radiologen mit der erforderlichen Expertise vorhanden, die in einem potenziellen Screening zum Einsatz kommen könnten. Dies führt in der klinischen Praxis zu einer suboptimalen Qualität sowohl in der Bildgebung selbst als auch in der Befundung. Vor einem flächendeckenden Einsatz der MR-Mammografie zum Brustkrebsscreening ist daher die Qualität in Durchführung und Befundung in der Breite und auch außerhalb hochspezialisierter universitärer Zentren sicherzustellen.

Das Mannheimer MRT-Zentrum für Brustkrebsvorsorge (MMZ) der Universitätsmedizin Mannheim ist das erste MR-Mammografie-Hochdurchsatzzentrum für Frauen mit verschiedensten Indikationen rund um den Brustkrebs. Es ist eine spezialisierte Einrichtung innerhalb der UMM, die sich auf die Magnetresonanztomografie (MRT) der Brust zur Früherkennung von Brustkrebs konzentriert. Das MMZ bietet eine innovative und zuverlässige Methode für Frauen, insbesondere mit dichtem Brustgewebe oder erhöhtem Risiko, um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen. Dies soll im Rahmen von Selektivverträgen auch gesetzlich versicherten Frauen angeboten werden können.

Worin besteht der größte Vorteil der MR-Mammografie gegenüber konventionellen Screening-Methoden?

Die MR-Mammografie hat völlig unabhängig von der vorliegenden Brustdrüsendichte eine stetig hohe Sensitivität von fast 100 %, sowie (bei vorhandener Expertise des Befunders) eine hohe Spezifität. Konventionelle Bildgebungsmethoden haben in der dichten Brust (Dichtekategorien C und D) eine nachgewiesene Sensitivität von unter 40 %, was bedeutet, dass 6 von 10 Karzinomen primär übersehen und erst in späten Stadien detektiert werden. Gleichzeitig hat die MR-Mammografie einen negativen prädiktiven Wert von 100 %, was bedeutet, dass ein Krebsausschluss in fast allen Fällen mit Sicherheit gelingt. Davon sind wir in den konventionellen Bildgebungsmethoden weit entfernt, was sich in den derzeitigen Mortalitätsraten widerspiegelt. Die Kosteneffektivitätsanalyse der vergangenen Jahre zeigt einen enormen finanziellen Vorteil der MR-Mammografie, bedingt durch die diagnostische Genauigkeit, obwohl konventionelle Bildgebung zunächst kostengünstiger erscheint.

Wie beurteilen Sie das Risiko von Überdiagnosen und falsch positiven Befunden bei der MR-Mammografie?

Falsch positive Befunde sind in jeder diagnostischen Screeningmethode ein großes Thema. Die Frauen erleben eine große Verunsicherung bis hin zur Existenzangst, die bis zum finalen Ergebnis der Histopathologie andauert. Dies ist nicht nur psychologisch von Relevanz, sondern auch volkswirtschaftlich/ökonomisch. Die Anzahl falsch positiver Befunde liegt in der MR-Mammografie extrem niedrig und deutlich unter der der konventionellen Mammografie – vorausgesetzt, dass die MR-Mammografie qualitativ hochwertig durchgeführt und befundet wird. Ein weiteres wichtiges Thema sind die falsch negativen Befunde, also die übersehenen Karzinome. Diese nehmen einen eindeutig geringeren Anteil in der momentanen Diskussion ein, sind jedoch ungleich relevanter. Die Anzahl übersehener Karzinome liegt bei der konventionellen Bildgebung im Screening aufgrund der mangelnden Sensitivität um ein Vielfaches höher, eine verzögerte Diagnose kann die Prognose bedeutend verschlechtern.

Wie beurteilen Sie die längere Untersuchungsdauer der MR-Mammografie im Hinblick auf den Einsatz als Screening-Methode? Stellt die verkürzte MR-Mammografie (abbreviated breast MRI) eine verlässliche Alternative dar?

Es gibt in der MR-Mammografie mittlerweile Ansätze, mit verkürzten Protokollen Zeit zu sparen und dadurch Screening-tauglicher zu werden. Diese Ansätze nehmen jedoch in Kauf, dass sich auch die Spezifität der Methode verringert. Durch die gezielte Anwendung neuester technologischer Ansätze ist es jedoch heutzutage möglich, vollwertige Untersuchungsprotokolle in unter 10 Minuten durchzuführen, hier kann die MR-Mammografie rein zeitlich mit der konventionellen Mammografie mithalten.

Wie könnte die MR-Mammografie zur Verbesserung der Brustkrebsfrüherkennung beitragen?

Die Implementierung der MR-Mammografie in der Brustkrebsfrüherkennung führt nach heutigem Stand der Forschung zu einer deutlichen Reduktion der Mortalität. Die verfügbaren Daten suggerieren in einem frühen T1-Stadium eine Prognose für die Patientinnen, da in diesem Stadium Karzinome (noch) nicht metastasiert zu haben scheinen.

Die MA-DETECT-Studie ist eine prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie, die von der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) in Zusammenarbeit mit der Screeningeinheit Radiologie Franken-Hohenlohe durchgeführt wird. Ziel ist es zu untersuchen, ob die zusätzliche Magnetresonanztomografie (MRT) zur Mammografie die Brustkrebsfrüherkennung bei Frauen mit dichtem Brustgewebe (ACR C und D) verbessert. Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren mit negativem Mammografiebefund und dichtem Brustgewebe werden entweder der Kontrollgruppe (nur Mammografie im Rahmen des Screenings) oder der Interventionsgruppe (Mammografie plus eine zusätzliche MRT) zugeteilt. Die Studie erfasst die Anzahl der zusätzlich durch die MRT entdeckten Karzinome und bewertet das Verhältnis von Nutzen (Früherkennung) zu möglichen Risiken (z. B. falsch positive Befunde). Die MA-DETECT-Studie soll die Evidenz für den Einsatz der MRT als ergänzende Screeningmethode bei dichter Brust liefern. Erste, bereits publizierte Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine signifikante Anzahl an nicht mittels Mammografie detektierten Karzinomen durch die MR-Mammografie gefunden werden.

Momentan führen wir an der UMM die MA-Detect-Studie durch, die den spezifischen Zusatznutzen der MR-Mammografie bei einem potenziellen Einsatz in der Brustkrebsvorsorge untersuchen soll. Hierfür laden wir Frauen mit dichter Brust (Dichteklasse C und D) aus dem gesetzlichen Screening ein, bei uns ein komplementäres MR-Mammogramm zu erhalten. Die aktuellen Daten (bei fast 400 untersuchten Frauen) suggerieren nicht nur eine optimale Durchführbarkeit, sondern auch eine erheblich höhere Detektionsrate von Mammakarzinomen (ca. 25 gefundene Karzinome bei 1.000 gescreenten Frauen im MRT vs. 5 gefundene Karzinome bei 1.000 gescreenten Frauen in der konventionellen Mammografie). Gleichzeitig konnte bislang gezeigt werden, dass diese Karzinome extrem wenig falsch positiven Befunden gegenüberstehen (geringe Recall-Rate).

Welche Aufgabe hat das MMZ und was macht es einzigartig?

In Zusammenarbeit mit einigen gesetzlichen Krankenversicherungen ist es uns gelungen, im Rahmen von Sonderverträgen die MR-Mammografie national nicht nur als Screeningmethode bei dichter Brust, sondern darüber hinaus bei neun weiteren Indikationen (z. B. präoperativ, bei Implantaten oder generell problematischer Darstellung in den konventionellen Bildgebungsmöglichkeiten etc.) anzubieten. Deshalb haben wir das Mannheimer MRT Zentrum gegründet, welches als eigenständiges Zentrum erstmals national und international die MR-Mammografie in diesem Setting im Rahmen eines Hochdurchsatzzentrums anbieten kann. In diesem Zentrum können bei voller Auslastung bis zu 100 Frauen pro Tag untersucht werden, wobei jede Frau im Anschluss an die Untersuchung in einem Arztgespräch über das Ergebnis informiert wird und gleichzeitig höchste Qualitätsstandards eingehalten werden. Das MMZ ist das erste MR-Mammografie-Zentrum, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, auf qualitativ höchstem Niveau unter anderem in der Vorsorge bei Frauen mit dichtem Drüsengewebe die MR-Mammografie in einem Hochdurchsatzsetting anzubieten, im Rahmen von Selektivverträgen auch für gesetzlich versicherte Frauen.

Welche Entwicklungen im Brustkrebsscreening sind in den kommenden Jahren zu erwarten?

Die wissenschaftliche Evidenz für die Vorteile der MR-Mammografie ist bereits seit Jahrzehnten vorhanden. Mittlerweile ist bekannt, dass die MR-Mammografie nicht nur kosteneffizient, sondern auch hoch genau sein kann – wenn sie von Experten angewandt wird. Leider ist eine solche Expertise noch nicht flächendeckend vorhanden, sodass vor einer flächendeckenden Einführung der MR-Mammografie als Standardscreeningmethode zunächst die Qualitätssicherung der Methode im Vordergrund stehen muss. Das MMZ soll auch in diesem Feld Vorarbeit leisten, indem erstmalig MR-Screening-Prozesse im Hochdurchsatzsetting optimiert werden können. Gleichzeitig werden aber auch weiter weltweit wissenschaftliche Daten zur Rolle der MR-Mammografie im Brustkrebsscreening erhoben, sodass wir mittelfristig bei einer Vielzahl von Indikationen in der Brustkrebsvorsorge den Einsatz der MR-Mammografie evidenzgestützt und qualitätsgesichert erwarten können.

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